Texte Indien 2 | Varkala, Kerala, Januar 2012
Ein Mann mit einer roh gefertigten Bambusleiter erscheint. Die Leiter ist lang. Er stemmt sie in den Boden, um sie an den Stamm einer Kokospalme zu wuchten.
Normalerweise benötigen Palmenpfleger keine Leiter. Sie steigen den gekerbten Stamm hinauf. Dieser Stamm hat Kerben erst weit oben.
Der Palmenpfleger bindet sich ein Tuch auf den Kopf, die abgewinkelte Machete an die Seite und steigt die Leiter hinauf, dann weiter am Stamm.
Ein Tourist bleibt stehen. Er verfolgt die Arbeit. Für ihn ist es interessant.
Ein dritter Mann mit Auto kommt daher, fühlt sich durch die auf dem Weg stehende Leiter aufgehalten, ist es gewohnt, sich freie Bahn zu verschaffen. Ohne nachzudenken, ohne warum und wie lang, beginnt er hektisch zu hupen. So ist es in ihm. Er kann nicht anders.
Der Palmenpfleger löst unterdessen vertrocknete Wedel aus der Krone des Baumes.
Der Tourist ist ein hilfsbereiter Mensch. Kurz entschlossen rückt er die Leiter zur Seite und winkt den Hektiker vorbei. Der hetzt stur davon.
Der Hilfsbereite setzt die Leiter zurück an die vorherige Stelle.
Er sieht dem Palmenpfleger wieder bei der Palmenpflege zu.
Nach erledigter Arbeit steigt der Palmenpfleger herab. Er wendet sich zu dem Hilfsbereiten. Wütend. Er beschimpft ihn sogar. Lauthals. Unerwartet. Wie aus heiterem Himmel schüttet er seinen Zorn über ihn.
Der Hilfsbereite versucht, zu verstehen.
Schliesslich grüsst er ihn, wie man einen grüsst, der nicht zuhört und geht weiter.