Texte Mongolei | Nahe Tsenkher, Zentrale Mongolei, Juni 2012
Am Vormittag kommt einer vorbei. Ein Reiter, malerisch im Filzmantel, mit um die Hüfte gewickelter Schärpe und an den Spitzen nach oben gebogenen Reitstiefeln. Direkt vor uns bringt er sein Pferd zum Stehen. Er entfaltet einen 1000 Tögrög-Schein, den er aus einem Beutel an seiner Schärpe gezogen hat und zeigt erwartungsvoll fragend auf seinen Hals. Wir sprechen zwar keine gemeinsame Sprache, aber wir verstehen, er will für ein kleines Entgelt den typisch mongolischen Kehlkopfgesang vorführen. Gerne! Das ist es uns natürlich wert und wir holen 1000 Tögrög. Wir fragen, ob er einen Tee möchte. Er nickt dankbar. Wir füllen ihm eine Tasse, setzen uns auf die Stufe der Schiebetür unseres Autos und geben zu erkennen, dass wir jetzt bereit sind zuzuhören. Mit grossen Augen sieht er uns an, befremdet, hilflos. Wir zeigen ihm den 1000 Tögrög-Schein. Er macht keine Anstalten, mit einer Vorführung zu beginnen. Er steht da und schweigt. Schliesslich verabschiedet er sich, steigt aufs Pferd und trabt davon, zufrieden wie einer, der seinen Durst gestillt hat, gleichwohl mit der unbestimmten Ahnung, dass etwas unverstanden geblieben ist.