Never Ending Peace And Love

Texte Nepal 2 | Wundersame Begebenheiten, April 2012

Es waren einmal die Dynastien der grossen Könige von Nepal. Sie herrschten nach den Gesetzen aus alter Zeit. Abgeschieden siedelte ihr rückständiges aber lebensfrohes Volk in den Niederungen und an den Aufstiegen am Fusse der mächtigen Eisgipfel.
In all den Tälern und auf allen Höhen des Reiches erklang Gesang:
„Ihr galanter, besonnener Nepalese, über allem erhabener König, möge Eurer fünffach glorreichen Majestät allzeit Glück beschieden sein. Mögen Eure Untertanen sich mehren und Euren Ruhm verkünden, dass ist der Nepalesen innerstes Gebet.“
Und sie huldigten dem König und waren froh, denn wer ihn sah, dem wurden die Sünden erlassen, die er diesen Tages begangen hatte.
Die erstaunlichen Fertigkeiten der kunstbegabten Handwerker und Baumeister waren weithin bekannt und gefragt. Sie ehrten ihr Tun, indem sie die wunderbarsten Pagoden, die schönsten Tempel und kostbarsten Paläste bauten, immer einer schöner als der andere, dass alles voll Pracht und Herrlichkeit war.
„Ich wünschte, wir wären dabei gewesen.“
Die Menschen, die in diesem Land lebten, hatten ihre helle Freude. Wenn ihnen der stürmische Monsun das bunte Topi vom Kopf wehte, lachten sie – hoppla – lachten auch, wenn einer der Krüge ungewollt kippte und sein kostbares Nass in den Staub ergoss, und sie lachten sogar, wenn jemand unter der Last einer, über die Massen beladenen, Kiepe auf den Bauch fiel.
„Oh wie lustig!“

Erlauchte Kühe trotteten friedlich glotzend durch die malerischen Dörfer. Es war ein Hindu-Königreich. Und Geschichtenerzähler waren im Land. Im Schein von Senföllämpchen, als die Sonne hinter die Berge gesunken war, brachten sie zu Gehör, was über die Generationen nur von Mund zu Mund überliefert ward. Sie berichteten von der eitlen Prinzessin Rajkumari, oder vom gierigen Priester und dem trügerischen Schein des Geldes, oder der Legende vom heiligen Mönch, der das Ende der Herrschaft in der zehnten Generation des Königtums prophezeite – aber die mochte der König nicht so sehr.
Und Männer sassen müssig auf überdachten Holzpodesten, tauschten sich über die Lage des Reiches aus, oder spielten Schach. Frauen stellten Waren um sich her und hielten sie feil, oder bereiteten die schmale Kost. Tagein, tagaus den Linsenbrei, den sie hier Daal nennen. Die Menschen vor den Häusern, sie forderten nicht viel, und alle opferten den Göttern, und beteten, und zündeten immer mehr Lämpchen an, und unerträgliche Armut inmitten der schönen Tempel ward sichtbar.
„So wollen es die Götter“, sagten die Priester, denn sie wussten wovon sie sprachen.
„Tröstet euch“, sagten die Minister, die der König ernannte, „die bösen Tage sind vorüber, jetzt wollen wir für grossen Wohlstand sorgen“, und wurden nicht müde.

So gingen die Jahre über das genügsame Volk und Indra sandte den grossen Regen
viele Male. Und die stetigen Mühen des Lebens veränderten das Land, erst unmerklich, dann immer mehr.
Netze wurden geschaffen, die Botschaften beförderten, flinker als des Königs hurtigste Kuriere. Alsbald waren in allen Ecken und Winkeln Händler für Plastikradios und Handy-Shops zu finden. Jene, die gern schwatzten hatten es so gut, als sie sich’s nur wünschen konnten. Wie sie so verbunden waren mit den Nachbarn und der Welt, erhielten sie mancherlei Kunde, wie’s dort aussieht und wie’s mit anderer Leute Glück steht. Und wie man es gerne zu tun pflegt, nahmen sie Mass an anderen Völkern und deren Regierenden.
Die Märchenerzähler, manche waren noch da, andere waren Händler geworden, die dem Reisenden verlockenden Tand, feines Schmuckwerk und wohlklingende Schalen verkauften, und ein hübsches Geld dafür bekamen, und wieder andere waren nun Politiker, die sagten:
„Aber ja, wir versprechen alles was ihr wollt, gebt uns nur erst einmal eure Stimmen.“
Da freuten sich alle und gaben ihre Stimmen. Jedoch die so sprachen waren nicht redlich, sie opferten Menschlichkeit und Mitgefühl, weil sie das Gute ihres Landes wollten. Die Bestechlichen teilten sich weiterhin die weltlichen Pfründe, die Nachlässigen duckten sich weiter im Schatten der Habgier.
Weh euch, so drohen sie wieder Abschied zu nehmen, die Lichter der Hoffnung und des Vertrauens.

Nun trug es sich zu, dass ein Dämon vom jungen Prinzen Besitz ergriff. Geistige Dunkelheit und Verblendung suchten ihn heim. Zu einer Zeit konnte er das Verhängnis nicht mehr anhalten, er tötete seinen entsetzten Vater. Aber der Dämon lies ihm keine Ruhe, und er verschonte auch nicht diejenigen seiner Familie, die ihm am nächsten standen, sondern, ach und weh, tötete auch sie, wie er zum grausigen Ende sich selbst noch richtete.
An der Pforte aller Seelenwanderung, dort wo das Karma abgerechnet wird, ward der Verwirrte jedoch nicht sogleich eingelassen. Er weilte im tiefen Schlaf des Koma.
Man erhob ihn derweil eiligst zum Nachfolger des kaum erkalteten Vaters, und also bekam er den Palast, den Thron und auch das ganze Reich – so verlangten es die Gesetze aus alter Zeit – bis nach drei Tagen sein Todesrasseln ein Ende fand.

Nun hatte der verblichene Herrscher einen Bruder, dem bei der Sache kein Leid zugefügt worden war, und also seinerseits die Nachfolge des fehlgeleiteten Prinzen und das Erbe der Familie antrat. Doch das Schicksal, wie es der fromme Mönch vor vielen Generationen vorhergesagt hatte, vermochten weder menschlicher Wille noch menschliche Hand abzuwenden. Die Traditionen der Väter begannen unwiderruflich zu vergehen, welkem Laub aus dem vergangenen Jahr gleich. Es war gewollt, dass dem monarchistischem Bergvolk von nun an ein leuchtender Pfad in die Zukunft gewiesen werde.
Männer sassen noch immer und spielten Schach, wiewohl sie nicht recht wussten, ob sie die vergangnen Zeiten betrauern oder bedauern sollten, aber der König war matt.
Und so kam es, dass das Verlangen sich öffnete für die ersten einfallenden Strahlen der Republik.
Berührt horcht man seitdem froh der neuen Hymne:
„Wir sind Hunderte von Blumen, und
gemeinsam sind wir eine Girlande – Nepali“

Bis 2006 ………….. Nepal ist ein Hindu-Königreich 18.05.2006 ……… Änderung der Konstitution zum säkularen Staat
28.12.2007 ……… Abschaffung der Monarchie (de facto)
28.05.2008 ……… Ausrufung der föderalen demokratischen Republik Nepal
21.07.2008 ……… Ram Baran Yadav wird erster Präsident der Republik Nepal
Bis heute ………… Ringen um eine stabile politische Ordnung und eine neue Verfassung

Hoffentlich gewinnen die Guten !

Nachtrag:

20.09.2015 ………………… Verabschiedung der neuen Verfassung
26.11./07.12.2017 …..… Wahl des ersten regulären Parlaments nach der neuen Verfassung