Texte Ecuador | Äquator, März 2025
Wir besprechen unsere Möglichkeiten. Nachdem klar ist, dass die kolumbianischen Zollvorschriften nicht erlauben, ein Fahrzeug für sechs Monate abzustellen, hoffen wir auf Ecuador. Wir recherieren und fragen nach. Allmählich trennen sich veraltete Informationen von aktuellen, zweifelhafte von zuverlässigeren. Die Ernüchterung folgt bald. Auch Ecuador fällt für unser Stellplatz-Vorhaben aus. Jetzt wird’s zeitlich langsam eng. Weil wir unsere Butze auch in Ecuador nicht stehen lassen dürfen müssen wir neu planen. Wir werden es in Peru versuchen müssen. Bleibt uns längstens ein Monat Aufenthalt in Ecuador.
Im Andenhochland herrscht Regenwetter. Zunehmend schon seit dem Süden Kolumbiens. Trotzdem entscheiden wir uns für eine Route durch die Berge. Entlang der Panamericana. Überschwemmungen und Erdrutsche schränken die Möglichkeiten häufig ein, Wege abseits der grossen Strassen werden in dieser Zeit fragwürdig.
Wir nähern uns dem Äquator, dieser globalen Linie, die Kontinente und Ozeane durchzieht, die ganz in der Nähe, an der Südflanke des Vulkans Cayambe auf über 4500 Metern, ihren höchsten Punkt erreicht, die die Erdoberfläche in eine Nord- und eine Südhälfte unterteilt, und die wir jeden Moment überqueren werden. In einer lang gezogenen Rechtskurve führt die Panamericana bergauf. Der Pfeil unseres Navi’s wandert auf die bedeutende Nullinie zu. Auf beiden Seiten der Strasse hohe, dicht bewachsene Böschungen. Nichts deutet auf diesen besonderen Moment hin. Nicole reduziert die Geschwindigkeit. Natürlich wollen wir langsam über den Äquator rollen. Gebannt starren wir abwechselnd auf den Asphalt und unser Navi. Jetzt. Achtung. Gleich 0.000000°, der Äquator! Wir suchen eine Markierung auf dem Asphalt, über die wir fahren könnten. Nein, nichts. Ein leises Holpern vielleicht, wie über eine Schwelle. Auch nicht. Vorbei. Das Navi zeigt \-0.000311°. Hinten hupt schon einer. Aber wieso war denn da nichts? Zu unserer Enttäuschung scheint dem ecuadorianischen Strassenbau unser Wechsel von der Nord- auf die Südhalbkugel nicht wichtig zu sein.
Wir biegen ab auf den Parkplatz des Solar-Museums, um uns über das Wissen prähispanischer Astronomen der Region zu informieren. Schon den alten Kulturen galt der Äquator, anders als den heutigen Strassenbauern, als wichtige Linie. Seine genaue Lage und sein Verlauf müssen für sie eine ebenso hohe Bedeutung gehabt haben wie für uns bei der Überquerung vorhin.